Die Freie Wähler-Fraktion des Kreistages hat auf ihrer jüngst durchgeführten Klausurtagung im Landhaus Klosterwald (Lich-Arnsburg) mit Sorge die eingeschränkten zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten des Landkreises Gießen festgestellt. Im Mittelpunkt der Zusammenkunft stand deshalb der Blick auf die finanzielle Lage der Gebietskörperschaft, die sich auf sämtliche Bereiche des Verwaltungshandels der Landkreisverwaltung auswirkt.
„Wir haben die besorgniserregende finanzielle Situation des Landkreises thematisiert, die sich im Vergleich zu früheren Jahren erheblich verschlechtert hat“, stellte FW-Fraktionsvorsitzender und Haushaltsexperte Kurt Hillgärtner (Rabenau) fest und fügte hinzu, “deshalb muss es das Ziel des politischen Handels im Kreis sein, den drohenden finanziellen Kollaps zu vermeiden“. Hauptursachen der negativen Finanzspirale sind nach Aussage von Finanzdezernent Frank Ide „die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung sowie stark steigende Personal- und Sozialausgaben“.
Während die Freie Wähler-Fraktion die Notwendigkeit des Anstiegs der Kosten der Personalstellen in der Kreisverwaltung erkennt, äußert sie dennoch Kritik an deren kontinuierlichen Erhöhung, die vor allem durch gestiegene Gehälter und neue Verwaltungsaufgaben bedingt ist. „Um zukünftige Ressourcen einzusparen, muss eine möglichst umfassende Digitalisierung von Verwaltungsprozessen stattfinden“, forderte deshalb FW-Kreistagsmitglied Claudia Zecher (Staufenberg). Trotz erhöhter Zuwendungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich sind die Aufwendungen im Landkreis noch stärker angestiegen, insbesondere aufgrund der finanziellen Belastungen durch die Unterbringung von Geflüchteten sowie steigenden Sozialleistungen. Die Freien Wähler warnen vor den Kostensteigerungen beim Landeswohlfahrtsverband und der Krankenhausumlage, die bald nicht mehr tragbar sein werden. Die FW-Kreistagsfraktion fordert deshalb von der Landesregierung eine angemessene Finanzierung im Einklang mit dem Konnexitätsprinzip, um bestehenden finanziellen Druck bei den Landkreisen und Kommunen zu mindern. Übermäßige Umlagen belasten die Städte und Gemeinden, die ohnehin Schwierigkeiten haben, ihre Aufgaben zu erfüllen.
Trotz der angespannten Finanzlage wird nach Auffassung der FW-Fraktion der noch aufzustellende Haushalt für 2025 genehmigungsfähig sein, weil man gezwungen sein wird, eine Umlageerhöhung vorzunehmen. Zukünftige Investitionen in Schulen, Sporteinrichtungen oder Straßen sind unerlässlich und müssten finanziert werden.
„Die ungelösten Finanzprobleme erhöhen den Druck auf den Landkreis, da nur drei Lösungsmöglichkeiten zur Diskussion stehen: mehr Geld vom Land, mehr Umlagen von den Kommunen im Kreis oder eine Verschuldung, die momentan rechtlich bedenklich ist“, erläuterte Kurt Hillgärtner. Den Freien Wählern ist es bewusst, dass die Städte und Gemeinden des Landkreises nicht jedes Jahr mit höheren Umlagen belastet werden können, da diese sonst ihre eigenen Aufgaben kaum oder gar nicht erfüllen können. In diesem Zusammenhang wies der Fraktionsvorsitzende darauf hin, dass aufgrund fehlender verlässlicher Finanzdaten des Landes die Einbringung des Kreishaushaltes für 2025 auf die Kreistagssitzung im Dezember verschoben wurde.
Zu aktuellen Fragen der Kreispolitik referierten die Kreisbeigeordneten Christopher Lipp, Christian Zuckermann und Frank Ide aus ihren jeweiligen Dezernaten. Landrätin Anita Schneider konnte aus terminlichen Gründen nicht an der Tagung teilnehmen. Zum Thema Breitbandausbau im Landkreis hielt Stefan Becker, Geschäftsführer der Breitband Gießen GmbH, einen interessanten Vortrag. Die Leistungen in den Sektoren Brand- und Katastrophenschutz, des Eigenbetriebes Kreislaufwirtschaft und Soziales wurden intensiv erörtert. Die Arbeit im Bereich Asyl fand eine besonders positive Beurteilung. Die Freien Wähler unterstützen die im Investitionsplan 2025 vorgesehenen Maßnahmen und betonten deren Wichtigkeit, insbesondere die Ausgaben in die Kreisinfrastruktur bei Schulen, Sporthallen und Schulen.
Insgesamt zeigte sich die FW-Fraktion optimistisch, dass trotz der kritischen Rahmenbedingungen wichtige Entscheidungen zur Zukunft des Landkreises getroffen werden können. Gleichzeitig appellierte die Fraktion an alle demokratischen Parteien, sich aktiv an den Lösungen zu beteiligen.